Unterschied Biofeedback und Neurofeedback – wann welche Methode eingesetzt wird
In der heutigen Gesellschaft sind psychische und neurologische Störungen wie ADHS, Angststörungen und Schlafprobleme ein weit verbreitetes Phänomen.
Um diesen Erkrankungen entgegenzuwirken, haben sich die Verhaltensmedizinische Kurzzeittherapie Biofeedback und Neurofeedback als vielversprechende nichtmedikamentöse Behandlungsmethoden herauskristallisiert. Doch was sind die Unterschiede zwischen Biofeedback und Neurofeedback und wann wird welche Methode angewendet?
Biofeedback und Neurofeedback nutzen medizinische Hardware und Software, um Daten von peripherem und zentralem Nervensystem zu sammeln und auszuwerten. So kann eine individuelle Therapie und Trainingsplanung ermöglicht werden, die gezielt darauf abzielt, vorhandene Dysfunktionen zu behandeln.
Dabei können sowohl körperliche Funktionen wie Herzfrequenzvariabilität als auch Gehirnstromaktivitäten analysiert werden.
Beide Therapiemethoden bieten eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, sowohl in der Gesundheitsvorsorge als auch zur Leistungssteigerung im Sport, Beruf oder in der Schule.
Was ist Biofeedback?
Biofeedback Therapie ist eine nicht-invasive Methode, die mit spezieller medizinischer Hardware und Software arbeitet, um periphere Körperreaktionen wie Hautleitwert, Herzfrequenzvariabilität und Muskelaktivität zu messen und zu trainieren.
Funktionsweise von Biofeedback
Biofeedback basiert auf dem Prinzip der operanten Konditionierung und ermöglicht es, unbewusste physiologische Vorgänge bewusst wahrzunehmen und zu steuern.
Dabei werden Körperparameter wie Herzfrequenz, Atemfrequenz oder Hautleitwert gemessen, die in Echtzeit in visuelle oder auditive Signale übersetzt werden.
Im Biofeedback-Training lernen die Trainierenden, auf ihren Körper zu hören und Körperreaktionen bewusst wahrzunehmen, um gezielt Einfluss auf diese Vorgänge zu nehmen.
Zum Beispiel können sie lernen, ihre Atmung bewusst so zu steuern, dass sie sich entspannen können – eine Fähigkeit, die besonders bei Stress oder Angst hilfreich sein kann.
Ein praxisnahes Beispiel für den Einsatz von Biofeedback ist das Training der Herzfrequenzvariabilität (HRV). Dabei wird den Trainierenden die Schwankung ihrer Herzschlagintervalle in Echtzeit visualisiert.
Mit Hilfe dieses Feedbacks können sie lernen, ihre HRV bewusst zu beeinflussen und dadurch Stressresistenz aufzubauen oder ihren Blutdruck positiv zu beeinflussen.
Was ist Neurofeedback?
Neurofeedback Therapie ist eine nichtmedikamentöse Behandlungsmethode, die auf der Messung und Analyse von Gehirnstromaktivitäten basiert, um neuronale Fehlregulation gezielt zu behandeln.
Funktionsweise von Neurofeedback
Neurofeedback ist eine spezielle Form der Biofeedback-Therapie, die sich auf die Messung und Analyse von Gehirnaktivitäten konzentriert.
Dabei werden elektrische Gehirnströme mithilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) erfasst, um bestimmte Gehirnwellenmuster zu identifizieren, die mit verschiedenen psychologischen und neurologischen Zuständen in Verbindung stehen.
Während einer Neurofeedback-Sitzung trägt der Patient Elektroden am Kopf, welche die elektrische Aktivität des Gehirns messen und an ein Computersystem übertragen. Die Software analysiert diese Daten und stellt sie dem Patienten in Form von visuellen oder auditiven Signalen zur Verfügung.
Auf diese Weise wird dem Patienten ermöglicht, gezielt bestimmte Gehirnwellen zu fördern oder abzuschwächen.
Ein anschauliches Beispiel für die Anwendung von Neurofeedback ist die Behandlung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung). Hierbei wird das Training darauf abzielen, unerwünschte Theta-Wellen (4-8 Hz), welche mit Unaufmerksamkeit assoziiert sind, zu reduzieren und Beta-Wellen (13-30 Hz), die mit wacher Aufmerksamkeit in Verbindung stehen, zu fördern.
Unterschiede zwischen Biofeedback und Neurofeedback
- Biofeedback konzentriert sich auf die Überwachung und Regelung von Körperfunktionen, während Neurofeedback speziell auf die Gehirnaktivität abzielt.
- Die Trainingsmethoden bei Biofeedback beinhalten die operante Konditionierung, während Neurofeedback mit Frequenzbandtraining und SCP-Training arbeitet.
- Biofeedback wird hauptsächlich zur Regulierung des peripheren Nervensystems eingesetzt, während Neurofeedback das zentrale Nervensystem trainieren soll.
- Anwendungsgebiete von Biofeedback sind Stressmanagement, Peak Performance und körperliche Erkrankungen; Neurofeedback wird zur Behandlung von psychischen Störungen wie ADHS, Autismus und Depression eingesetzt.
Anwendungsbereiche
Zu den Anwendungsbereichen von Biofeedback und Neurofeedback zählen sowohl die Behandlung verschiedener psychischer und neurologischer Erkrankungen als auch die Gesundheitsvorsorge und Leistungssteigerung in Sport, Schule und Beruf. Einige der möglichen Einsatzgebiete sind:
- Psychische Störungen wie ADHS, Angststörungen, Autismus, Depression oder Süchte
- Neurologische Erkrankungen wie Epilepsie oder Schlafstörungen
- Lernschwierigkeiten wie Dyslexie oder Dyskalkulie
- Stressbewältigung und Steigerung der Stressresistenz
- Verbesserung kognitiver Fähigkeiten wie Konzentration, Aufmerksamkeit, Impulsivität oder Gedächtnisleistung
- Optimierung sportlicher Leistung durch Peak Performance-Training
- Aktive Regeneration zur schnelleren Genesung nach Verletzungen oder Belastung
Durch den Einsatz von Biofeedback- und Neurofeedback-Methoden können Selbstregulationsmechanismen des Körpers aktiviert werden, um mentale und körperliche Belastungen besser zu bewältigen und Ausgeglichenheit im Alltag zu fördern.
Trainingsmethoden
Biofeedback-Training und Neurofeedback-Frequenzbandtraining sind die beiden Haupttrainingsmethoden. Hier sind einige wichtige Merkmale dieser Techniken:
- Biofeedback-Training:
- Aktive Regeneration durch bewusste Kontrolle von Körperreaktionen
- Verwendung von peripherem Feedback, z.B. Hautleitwertmessung oder Muskelkontraktionen als Grundlage für das Feedback
- Ziel ist es, autonome Körperfunktionen wie Pulsrate, Atmung oder Muskelspannung zu regulieren und in einen optimalen Zustand zu bringen.
- Durch regelmäßiges Training wird die Selbstregulation trainiert und eine höhere Stressresistenz erreicht.
- Neurofeedback-Frequenzbandtraining:
- Konzentration auf Gehirnaktivitäten durch EEG – Rückmeldung
- Ziel ist es, neuronale Fehlregulierungen zu identifizieren und durch operante Konditionierung zu optimieren.
- Trainingsfrequenzen werden individuell angepasst, um bestimmte Hirnwellen zu fördern oder zu hemmen.
- Unterschiedliche Protokolle wie SCP-, Z-Score-, ILF-, Penniston-, Alpha-/Theta-Beta-Traning werden verwendet und je nach Diagnose ausgewählt.
Beide Methoden basieren auf der Idee der Selbstregulation und haben das Ziel einer verbesserten Regulation von körperlichen bzw. mentalen Zuständen. Es kann empfehlenswert sein, beide Therapiemethoden miteinander zu kombinieren, um ein umfassenderes Trainingsergebnis zu erreichen.
Gemeinsamkeiten von Biofeedback und Neurofeedback
Biofeedback und Neurofeedback haben zahlreiche Gemeinsamkeiten, wie die Diagnostik von Stress und Belastungen sowie aktive Regeneration durch Selbstregulation.
Diagnostik
Bei der Diagnostik von Biofeedback und Neurofeedback werden spezielle Mess- und Analyseverfahren eingesetzt, um die körperliche und mentale Belastbarkeit und die Selbstregulation des Nervensystems zu überprüfen.
Durch die Analyse der Gehirnströme und Körperreaktionen können potenzielle Fehlregulationen identifiziert werden. Hierbei werden verschiedene Frequenzbereiche wie Delta-, Theta-, Alpha-, Beta- und Gamma-Wellen analysiert, um den Patienten individuell zu diagnostizieren.
Anhand dieser Diagnose kann ein Therapieplan erstellt werden, der auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist.
Aktive Regeneration
Für eine effektive Behandlung von psychischen und neurologischen Störungen bieten Biofeedback- und Neurofeedback-Therapien nicht nur Diagnostik und Trainingsmethoden, sondern auch aktive Regeneration.
Nach einer körperlichen Belastung können falsch regulierte neuronale Netzwerke durch das Neurofeedback-Traning trainiert werden. Hierzu gehören beispielsweise Delta-Wellen, Theta-Wellen, Alpha-Wellen, LoBeta oder SMR.
Auch Biofeedback kann durch Training der Selbstregulierungsfähigkeit des autonomen Nervensystems zu einer effektiven Regeneration führen. Durch den Einsatz dieser Therapiemethoden kann somit die Stressresistenz gesteigert und die Erholung beschleunigt werden.
Anwendungsgebiete von Neurofeedback und Biofeedback
- Indikationen für Biofeedback: ADHS, Angststörungen, Epilepsie, Schlafstörungen, Dyslexie, Dyskalkulie, Lernstörungen, Süchte.
- Indikationen für Neurofeedback: ADHS, Autismus, Depression, Ergotherapie, Schmerztherapie.
Indikationen für Biofeedback
Biofeedback-Therapie wird bei einer Vielzahl von psychologischen und neurologischen Erkrankungen eingesetzt, einschließlich:
- Angststörungen: Biofeedback kann Ängste lindern, indem es dem Patienten ermöglicht, seine körperliche Reaktion auf Stress zu erkennen und zu kontrollieren.
- ADHS: Biofeedback hilft Kindern mit ADHS, ihre Impulsivität zu reduzieren und ihre Aufmerksamkeitsspanne zu erhöhen.
- Epilepsie: Biofeedback kann die Häufigkeit und Schwere von Anfällen reduzieren.
- Schlafstörungen: Durch Biofeedback können Patienten lernen, ihre Muskeln zu entspannen und in einen tieferen Schlafzustand überzugehen.
- Dyslexie und Dyskalkulie: Biofeedback kann das Gedächtnis verbessern und den Fokus der Kinder erhöhen.
- Lernstörungen: Die Therapie kann helfen, die Konzentration und die Aufmerksamkeitsspanne zu erhöhen sowie Hyperaktivität zu reduzieren.
- Süchte: Die Therapie kann helfen, den Stress abzubauen, der oft zur Entwicklung einer Sucht beiträgt.
Indikationen für Neurofeedback
Neurofeedback-Therapie wird erfolgreich bei einer Vielzahl von Störungen eingesetzt. Hier sind einige der häufigsten Anwendungsgebiete:
- ADHS
- Angststörungen
- Depressionen
- Epilepsie
- Schlafstörungen
- Dyslexie und Dyskalkulie
- Lernstörungen
- Süchte
Neurofeedback kann auch in vielen anderen Bereichen, einschließlich Autismus, Ergotherapie und Schmerzbehandlung, eingesetzt werden. Die wissenschaftliche Forschung hat gezeigt, dass Neurofeedback-Therapie signifikante Verbesserungen bei vielen Patienten hervorruft und als eine effektive Alternative oder Ergänzung zu Medikamenten angesehen werden kann.
Kostenübernahme der Biofeedback Therapie durch Krankenkasse
Beim Biofeedback handelt es sich um eine der in der Naturheilkunde zur Anwendung kommenden Methoden, für welche auch schulmedizinisch anerkannte Wirksamkeitsstudien vorliegen. Zugleich wird das Biofeedback sowohl von in dieser Disziplin zusätzlich ausgebildeten Ärzten als auch von entsprechend ausgebildeten Heilpraktikern ausgeübt.
Trotz der eindeutigen Wirkungsnachweise bezahlen gesetzliche Krankenkassen die Kosten einer Biofeedback Therapie zurzeit nur in Ausnahmefällen. Ein entsprechender Antrag kann besonders von Patienten mit chronischen Schmerzen gestellt werden. Private Krankenkassen und die Beihilfe übernehmen die Kosten einer Biofeedback Behandlung in der Regel.
Die häufige Verweigerung der Kostenübernahme für eine Biofeedback Therapie seitens der gesetzlichen Krankenkassen erscheint als kurzsichtig, da die Behandlung zu einer Verringerung des Einsatzes sehr kostspieliger Medikamente führen kann.
Fazit
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sowohl Biofeedback als auch Neurofeedback äußerst wirksame Kurzzeittherapien sind, die zur Behandlung von psychologischen und neurologischen Störungen ohne Medikamente eingesetzt werden können.
Sie können auch zur Gesundheitsprävention und Leistungssteigerung im Sport, bei der Arbeit und in der Schule verwendet werden.
Während Biofeedback auf operante Konditionierung basiert und funktionelle Körper- und Gehirnaktivitäten verstärkt, konzentriert sich Neurofeedback darauf, das Gehirn zu trainieren, zwischen neuronalen Netzwerken zu wechseln und die Regulierungsfähigkeit zu verbessern.
Sowohl Biofeedback- als auch Neurofeedback-Therapien zielen darauf ab, das autonome Nervensystem durch Selbstregulierung zu kontrollieren und zu beeinflussen.
Stressmanagement ist ein weiterer wichtiger Aspekt von Biofeedback- und Neurofeedback-Therapien. Durch die Analyse und Diagnose von Stresssymptomen können dysfunktionale Körper- und Gehirnaktivitäten behandelt werden.
Ziel ist es, Stressresistenz aufzubauen und Peak Performance zu erreichen.
FAQs:
- Was ist der Unterschied zwischen Neurofeedback und Biofeedback?
- Neurofeedback und Biofeedback sind Methoden der physiologischen Rückmeldung, die sich jedoch auf unterschiedliche Aspekte des Körpersystems konzentrieren. Während Biofeedback die körperlichen Signale wie Herzfrequenz, Atmung und Muskelspannung misst, misst Neurofeedback die Gehirnaktivität.
- Was sind die häufigsten Anwendungsgebiete für Neurofeedback?
- Neurofeedback wird zur Behandlung von verschiedenen neurologischen Erkrankungen wie Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS), posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und Angststörungen eingesetzt. Es wird auch häufig zur Verbesserung der kognitiven Leistung und des allgemeinen Wohlbefindens eingesetzt.
- Wie funktioniert Neurofeedback?
- Neurofeedback basiert auf der Idee, dass wir unser Gehirn trainieren können, indem wir unsere Gehirnaktivität in Echtzeit messen und dann visuelles oder auditives Feedback verwenden, um das Gehirn auf eine bestimmte Weise zu stimulieren. Die Person sitzt vor einem Computerbildschirm, auf dem sie beispielsweise ein Spiel spielt, das sich nur bewegt, wenn ihr Gehirn in einem bestimmten Frequenzbereich arbeitet.
- Wie lange dauert eine Neurofeedback-Sitzung?
- Eine Neurofeedback-Sitzung dauert in der Regel zwischen 30 und 60 Minuten. Die Dauer kann je nach individueller Behandlung und Zielsetzung variieren, es wird jedoch empfohlen, mindestens 10-20 Sitzungen durchzuführen, um eine signifikante Verbesserung zu erzielen.